Building Information Modeling (BIM) steht wie kaum eine andere Methode für den digitalen Wandel im Bauwesen. Die Idee: Ein zentrales, intelligentes Modell, das sämtliche Planungs-, Bau- und Betriebsprozesse digital abbildet und alle Projektbeteiligten in einem einheitlichen Datenraum verbindet. Was in anderen Ländern wie Großbritannien oder den Niederlanden längst gelebte Praxis ist, wird in Deutschland seit über einem Jahrzehnt vorbereitet – politisch, organisatorisch und technisch.
Zehn Jahre nach dem Start des „Stufenplans Digitales Planen und Bauen“ ist der richtige Zeitpunkt gekommen, eine fundierte Zwischenbilanz zu ziehen. Wie weit sind wir wirklich mit der flächendeckenden Einführung von BIM? Welche Fortschritte sind erkennbar – und welche Herausforderungen blockieren noch immer eine breite Anwendung?
Was bisher erreicht wurde:
Politische Initiativen und Rahmenbedingungen
Mit dem im Jahr 2015 veröffentlichten Stufenplan wurde ein entscheidender Impuls gesetzt: Der Bund verpflichtete sich zur Einführung von BIM bei neuen Infrastrukturprojekten des Bundes. Seit dem 1. Januar 2021 ist BIM für diese Projekte verbindlich. Ziel war und ist es, einheitliche Standards zu schaffen, Prozesse zu modernisieren und langfristig eine effizientere, transparentere Bauplanung zu ermöglichen. Auch im Bundeshochbau erfolgt seit Ende 2022 eine schrittweise Einführung, sodass ab 2027 die Nutzung von BIM für alle Bundesbauprojekte im Hochbau ab 500.000 Euro verpflichtend ist.
Begleitend zum Stufenplan wurde 2020 das Zentrum „BIM Deutschland“ gegründet – eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) und des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Es fungiert als zentrale Plattform für Informationen, Standards, Schulungsangebote und Projektbegleitung. Ergänzend dazu wurde das BIM-Portal als technische Lösung geschaffen, um digitale Modelle normgerecht zu prüfen und Informationsanforderungen zu standardisieren.
Auch aus der Praxis heraus sind Initiativen entstanden: Die Arbeitsgruppe BIM4Infra2020 entwickelte konkrete Anwendungsempfehlungen für den Infrastrukturbereich. All diese Maßnahmen bilden das organisatorische Rückgrat der deutschen BIM-Strategie.
Doch so klar der politische Fahrplan auch formuliert ist: Die Umsetzung gestaltet sich in vielen Bereichen weiterhin schleppend.
Der Blick auf die Praxis: Wie verbreitet ist BIM wirklich?
Eine breit angelegte Studie von Bauinfoconsult aus dem Jahr 2022/2023 gibt Aufschluss über den tatsächlichen Stand der BIM-Nutzung. Befragt wurden 300 Akteure aus Planungsbüros, Bauunternehmen und Handwerksbetrieben. Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur etwa 20 Prozent der Befragten setzen BIM aktiv in ihren Projekten ein.
Aufgrund welcher antreibenden Faktoren wird BIM eingesetzt? Die Studie zeigt, dass die wichtigsten Gründe in externen Anforderungen liegen – etwa durch Bauherren (36 Prozent), in der Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit (30 Prozent) und in der Optimierung interner Prozesse (30 Prozent).
Insgesamt zeigt sich: Der Wille ist da – doch viele Unternehmen scheuen den Aufwand, insbesondere beim Einstieg.

BIM im Alltag: Wo liegt der tatsächliche Mehrwert?
In der Theorie ist BIM längst etabliert – aber was bedeutet das konkret in der täglichen Projektarbeit?
Planung & Entwurf
Im Planungsprozess hilft BIM vor allem durch die Möglichkeit, frühzeitig mit digitalen Modellen zu arbeiten. Varianten lassen sich in Echtzeit erstellen, prüfen und visualisieren – inklusive präziser Berechnungen zu Materialbedarf, Zeitplan und Kosten. Für Architekten und Ingenieure bedeutet das: Schnellere Entscheidungsprozesse, bessere Kommunikation mit dem Bauherrn und deutlich reduzierte Fehlerquellen.
Digitale Entwürfe können automatisch mit den relevanten Rechtsvorschriften abgeglichen werden. Dadurch sinkt das Risiko teurer Nachbesserungen oder Genehmigungsprobleme. Auch Schnittstellen zu anderen Softwarelösungen (z. B. für Energiebedarfsberechnungen oder Lichtsimulationen) sind inzwischen etabliert.
Ausschreibung & Vergabe
Die Qualität von Ausschreibungen profitiert ebenfalls: Mengen können exakt aus dem Modell abgeleitet werden, was die Kostenschätzung erheblich präzisiert. Die Angebote von Bauunternehmen basieren dadurch auf fundierten und vergleichbaren Grundlagen. Planungsfehler oder unklare Leistungsbeschreibungen werden minimiert – was späteren Konflikten vorbeugt.
Bauausführung & Controlling
Ist das Modell zusätzlich mit Zeit- und Kostendaten verknüpft (4D- und 5D-Modell), kann es während der Bauausführung zur Echtzeit-Überwachung des Projektfortschritts dienen. Abweichungen werden schnell sichtbar, Prozesse lassen sich dynamisch anpassen. Materialflüsse, Abrechnungen und Dokumentationen erfolgen nachvollziehbar – ein echter Gewinn für das Projektcontrolling.
Hürden auf dem Weg zur flächendeckenden Einführung
Trotz der nachweisbaren Vorteile bleibt die Einführung vielerorts eine Herausforderung. Besonders kleine und mittelständische Büros kämpfen mit begrenzten Ressourcen, fehlendem Know-how und Unsicherheiten im Umgang mit neuen Technologien.
Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen werfen Fragen auf. Die Unsicherheiten in Bezug auf Haftung, Vertragsgestaltung und Verantwortlichkeiten erschweren die Entscheidungsfindung. Hinzu kommt: Mangelnde flächendeckende Standards für Datenformate, Prozesse und Schnittstellen sind ein zentrales Hemmnis für die interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Weiterbildung als Schlüssel: Wer vorbereitet ist, gewinnt
Ein zentraler Erfolgsfaktor für die nachhaltige Einführung von BIM ist die Qualifizierung der Mitarbeitenden. Laut BIM-Monitor planen fast die Hälfte der befragten Unternehmen kurzfristig in Weiterbildungsmaßnahmen zu investieren. André Friedel, BIM-Experte bei Drees & Sommer, betont aus Projekterfahrung:
„Der größte Invest betrifft die Ausbildung der Anwender:innen. Eine intensive Schulung vor Projektstart und fachliche Begleitung über das erste Pilotprojekt hinweg zahlen sich langfristig aus – für das Unternehmen und die Mitarbeitenden.“
Warum jetzt der richtige Zeitpunkt ist
BIM ist kein Zukunftsthema mehr – es ist Gegenwart. Wer heute an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen will, kommt an BIM nicht mehr vorbei. Je länger Unternehmen zögern, desto höher ist der Schulungsbedarf – und desto schwerer wird es, mit der digitalen Entwicklung Schritt zu halten. Der Aufwand, BIM „nachzuziehen“, ist deutlich größer als ein frühzeitiger, gut begleiteter Einstieg.
Wie wir Sie unterstützen können
Die Einführung von BIM muss nicht teuer, zeitaufwändig oder kompliziert sein – wenn man sie richtig angeht. Aus unserer langjährigen Praxiserfahrung wissen wir: Der Schlüssel liegt in der Kombination aus strategischer Planung, staatlich geförderten Weiterbildungsmaßnahmen und pragmatischer Projektbegleitung.
Wir unterstützen Sie bei:
- der Entwicklung einer individuellen BIM-Strategie,
- der Auswahl und Beantragung passender Förderprogramme,
- dem Aufbau interner Kompetenz durch gezielte Schulung Ihrer Teams,
- der technischen Umsetzung – von der Pilotphase bis zum produktiven Einsatz.
Gemeinsam machen wir Ihr Unternehmen fit für die Zukunft – effizient, gefördert und praxisnah.
Quellen:
Anwendungsempfehlungen BIM4Infra2020: https://www.bimdeutschland.de/publikationen/anwendungsempfehlungen-bim4infra2020
BauInfoConsult Studie 2022/2023 (Kurzbericht): https://www.bauinfoconsult.de/studien/bim-monitor-2023
buildingSMART Deutschland – Herausforderungen & Interoperabilität: https://www.buildingsmart.de/Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV): https://www.bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/stufenplan-digitales-planen-und-bauen.html
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR): https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/bauenwohnen/bim/bim-node.html
Bundesrechnungshof Bericht zu BIM (2022): https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2022/bim-einfuhrung.html
Fraunhofer IAO – Statusbericht Digitalisierung in der Bauwirtschaft (2019): https://www.iao.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2019/bim-in-der-baupraxis.html
Planen Bauen 4.0 – Anwendungsleitfaden BIM (Kapitel Planungsprozesse): https://planen-bauen40.de/publikationen/
PwC: Digitalisierung der Baubranche – BIM-Report (2021): https://www.pwc.de/de/bauwirtschaft/bim-bauen-4-0.html
VDI – Übersicht BIM-Normen & Richtlinien: https://www.vdi.de/themen/planung-bauen/bim/building-information-modeling
Zentrum „BIM Deutschland“: https://www.bimdeutschland.de/